Die Items hier sind eigentlich mehr ein persönliches Reise-Tagebuch, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Es gibt zu jedem Tag eine kurze Beschreibung der Strecke, der Reise-Highlights sowie eine Collage der Tagesfotos und auch mal ein Video. Wenn jemand Spaß daran hat, das mitzulesen: gerne!
Überblick
3 Etappen, ca. 600 km, Übernachtung nach Gusto, Freitag bis Sonntag.
Ich fahre zunächst auf der Autobahn bis Porta Westfalica und dann an den Fluß und Richtung Süden. Ab Hannoversch Münden baue ich noch ein paar Meter Fulda ein (dazu mehr, denn der Fluss ist eigentlich die Überraschung). Auf dem Rückweg werde ich südlich Kassel wieder die Autobahn nutzen, dann direkt nach Hause.
Tag 1
Nach Autobahn A1 und Autobahn A 30, fahre ich in Rinteln von der Autobahn und klemme mich an den Fluss.
Das ist die Weser so, wie ich sie mir vorgestellt hatte: ein breiter Fluss, in einem wirklich breiten Tal, immer gut einsehbar.
Ab und zu gibt es mal eine Möglichkeit, an den Fluss zu fahren. Das nutze ich bei Vahrenholz und mache die erste Pause an einer idyllischen Flussüberquerung (historische Fähre).
Ich bleibe aber auf meiner Seite und genieße mal ein halbes Stündchen mit Blick auf den Fluss.
Weiter geht es die Weser und die Bundesstraße 83 entlang weiter nach Hameln.
Da muss ich natürlich runterfahren und mir die Stadt anschauen. Wenn ich ehrlich bin, finde ich persönlich die Stadt komplett überbewertet: natürlich ist es eine historische Stadt mit Kopfsteinpflaster und vielen Fachwerkhäusern.
Allerdings weiß das auch jeder und deswegen scheint auch jeder dahin zu fahren und so toll es ist nun auch nicht.
Als Elektromobilist ist es mir noch aufgefallen, dass eigentlich alle Ladestationen im Ort einmal den üblichen 11 kW Type 1 Stecker haben und dazu noch – warum auch immer – einen uralten CHAdeMO Stecker; der passt halt nicht zu den modernen Elektroautos.
Bedeutet: dieser Anschluss wird nie benutzt und wird nun in der Lade-App so angezeigt, dass eigentlich immer eine Steckerposition frei ist (funktioniert natürlich nicht, da die nutzbare Position immer besetzt ist und der oben genannte Stecker einfach nicht mit heutigen Autos funktioniert; nach der dritten Ladestation, die ich angefahren hab, hab ich das dann auch verstanden).
Auf meinem weiteren Weg den Fluss entlang komme ich durch Heinsen – hier ist meine Mutter nach dem Zweiten Weltkrieg aufgewachsen und ich besuche hier ihr seinerzeitiges Elternhaus.
Heute wohnt dort meine Cousine Barbara mit ihrem Mann Gerd und es gibt ein alkoholfreies Weizen im Garten.
Mein Reisebegleiter fühlt sich überall wohl und begibt sich gleich in Arbeitsposition auf der Terrasse des Hauses.
Ich hatte geplant, bis Höxter weiter zu fahren. Allerdings taucht dann plötzlich gegenüber auf der anderen Seite des Flusses der Ort Holzminden auf.
Ich entscheide mich, in den Ort zu fahren: hier haben sich meine Eltern kennengelernt und mein Vater hat seinerzeit an der dortigen in der Ingenieurschule seinen Abschluss als Bauingenieur gemacht.
Die Schule gibt es tatsächlich heute noch:
So bleibe ich über Nacht in der Stadt, in der tatsächlich mein persönliches Schicksal Ende der Fünfzigerjahre / Anfang der Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts angefangen hat (Humor intendiert) und der heutige Tag ist sowas wie eine „Sentimental Journey“ zweiten Grades.
Die Übernachtung ist eigentlich so wie üblich: ich stehe an einer Ladestation an einer sicheren Stelle, die hoffentlich für die Nacht und noch am nächsten Morgen ruhig ist.
Holzminden, gegenüber der Kreisverwaltung – ruhiger geht es tatsächlich nicht:
Tag 2
Am Morgen geht es zunächst zum Kloster/Schloss Corvey, ein UNESCO Welt Erbe, bei meiner Ankunftszeit allerdings noch geschlossen.
Irgendwie hab ich auch keine Lust zu warten, sondern fahr einmal um das ganze Ding drum herum und auf der Südseite (direkt an der Weser) ergibt sich eine gute ruhige Stelle für die Morgen-Toilette.
Das ist eigentlich die übliche Routine: aus der Stadt, in der ich übernachtet habe, raus zu fahren (vielleicht noch nach einem Frühstück im Ort) und dann an einer ruhigen Stelle anzuhalten, einen zweiten Kaffee zu nehmen und einfach mal das Badezimmer-Programm durchzuziehen.
Auf dem weiteren Weg mache ich einen Stop in Bad Karlshafen – und dieser Ort überrascht mich wirklich:
Bad Karlshafen an der Weser ist besonders durch seine einzigartige barocke Planstadt mit zentralem Hafen, die 1699 vom Landgrafen Karl von Hessen für französische Hugenotten gegründet wurde.
Die Stadt zeichnet sich durch einen symmetrischen, orthogonalen Grundriss und weiße Häuserkarrees rund um das historische Hafenbecken aus, das bis heute als denkmalgeschütztes Zentrum erhalten ist.
Ich bleibe eine ganze Zeit. Allerdings füllt sich dann der Ort eher untypisch: ein regionales Treffen der Golf II Liebhaber findet statt und es fahren der Reihe nach jede Menge Golf II Modelle aus unterschiedlichen Jahren (alle top aufgemacht und manche auch sehr laut) direkt auf dem Marktplatz.
Irgendwann ist auch gut und ich düse davon.
Natürlich steht als nächstes Hann. Münden auf dem Plan – da, wo eben die Weser entsteht, ihr kennt es doch, oder: „Wo sich Fulda und Werra küssen, sie ihren Namen büßen müssen. Und hier entsteht durch diesen Kuss, deutsch bis zum Meer, der Weser Fluss“.
Ich empfinde auch diesen Ort wieder ambivalent: natürlich ist das einzigartig wo/wie die beiden Flüsse sich treffen, auch die dortigen Brücken und die Flussufer sind wirklich super und die Stadt mit Rathaus und Fachwerkarchitektur ist wirklich ansehnlich.
Leider weiß das nur eben jeder, es steht in jedem Reiseführer und deswegen ist natürlich Anfang Juli die Stadt entsprechend von allen möglichen Nationalitäten sehr gut besucht.
Ich bleibe dann doch länger, als ich eigentlich wollte und genieße noch eine kleine Pause an der Stadtmauer, wo der Wagen steht und lädt.
Für die Weiterfahrt hatte ich eigentlich geplant, die Autobahn A7 zu nutzen, um Kassel zu umfahren.
Auf dem Weg dahin sehe ich allerdings, dass sich die Bundesstraße in wirklich toller Weise dem Fluss anpasst und im Tal direkt parallel führt.
Also folge ich der Straße und bin wirklich überrascht: für mich ist hier der Fluss am schönsten – bereit, mit gescheiter Fließgeschwindigkeit schlängelt er sich durch das Tal. Und die Straße eben direkt da dran.
Dafür bin ich auch bereit, etwas Feierabendverkehr im nordöstlichen Teil der Stadt Kassel in Kauf zu nehmen.
Als Tagesziel entscheide ich die Stadt Melsungen: dem Internet nach ebenfalls sehenswert.
Und so ist es auch – Melsungen ist wirklich nicht riesengroß aber hat mit dem Rathaus, dem entsprechenden Platz davor und einer wirklich netten Fußgängerzone für einen kurzen Aufenthalt etwas zu bieten.
Für den Abend finde ich einen wirklich guten Italiener und was mir auch auffällt ist, dass hier – im Gegensatz zu den nördlichen Landesteilen – die Leute wirklich freundlich und zugewandt sind.
Das Auto lädt in der Nacht wieder an einem Platz gegenüber einem öffentlichen Gebäude – das hat sich schon als gute Routine entwickelt.
Tag 3
In der Nacht regnet es ziemlich massiv und ich probiere das erste Mal aus, die Heizung bzw. Klimaanlage die ganze Nacht laufen zu lassen.
Anders als beim Tesla, wo es dazu eine entsprechende Funktion in der Software gibt, muss man sich bei Mercedes was einfallen lassen (im EQV ist ein solcher Campingmodus leider unbekannt).
Der Trick ist folgender:
- auf den Fahrersitz setzen, Zündung an, Parkbremse betätigen (wichtig) und dann den Gangwahlschalter auf N (neutral)
- dann aber nicht den Wagen durch die Fahrertür verlassen (sonst springt der Gangwahlschalter wieder auf P wie parken), sondern zwischen den Sitzen nach hinten gehen
- jetzt vermisst natürlich der Wagen den Fahrer (beziehungsweise dessen Gewicht) auf dem Fahrersitz und fängt an zu pingen (ihr wisst schon, so ein Warngeräusch)
- deswegen den Fahrersitz mit einem Gewicht von mindestens 5 KG punktartig beschweren, dann geht das Pingen aus und die Klimaanlage/Heizung läuft unbegrenzt weiter
- nicht vergessen, das Fahrlicht von Automatik auf Aus zu schalten, sonst leuchtet die ganze Nacht das Licht und wenn man dicht irgendwo an einem Busch oder an Pflanzen steht, die Parkassistenz auszuschalten (sonst pingt der Wagen bei jeder Bewegung der Vegetation in der Nähe).
Zum Glück muss ich kein extra Gewicht mitnehmen, sondern nehme einen meiner 5,5 l Wasserkanister (voll) – das Ding macht den Job.
Nervt natürlich insgesamt etwas aber wenn man dafür die ganze Nacht Heizung oder Klimaanlage sowie frische Luft bekommt, dann lohnt es sich schon. Stromverbrauch über die Nacht hinweg sind ungefähr 10 % (oder 11 kWh).
Der Stromverbrauch ist schon happig, ich kann aber am nächsten Morgen wenn ich zum Frühstück in die Stadt gehe, wieder laden.
Am Morgen überlege ich, ob ich noch Lust habe, weiter den Fluss Richtung Süden zu fahren – aber das spare ich mir vielleicht für ein nächstes Mal auf.
Dazu bin ich noch eingeladen am historischen Schützenfest meines Kumpels Kurt in seiner alten Heimat hier um die Ecke teilzunehmen. Und das ist wirklich reizvoll.
Allerdings habe ich ja den vierbeinigen Reisebegleiter dabei und den kann ich schlecht im Auto lassen, wenn ich im Schützenfestzelt anfange Bier zu trinken.
Wirklich schade, aber irgendwie ist der Zug nach Hause auch dann da.
Also: noch ein paar Meter Richtung Bad Arolsen über die Landstraße und dann westlich von Kassel auf die Autobahn heimwärts.